Lift statt Treppe | Stiftung Warentest

2022-10-08 18:05:01 By : Mr. Steven Lin

Treppenlifte – die güns­tige Alternative zum Aufzug. Gehbehinderte haben einen Rechts­anspruch darauf. Aber der Markt ist unüber­sicht­lich, manche Verkäufer sind skrupellos.

Ein Treppenlift lässt sich in fast jeder Art von Gebäude einbauen. Er ist vor allem in Einfamilien­häusern die übliche Lösung, wenn Bewohne­rinnen und Bewohner die Treppe aus eigener Kraft nicht mehr bewältigen. Aber auch in Mehr­familien­häusern ist der Einbau möglich.

Hinzu kommt, dass Treppenlifte deutlich güns­tiger sind als Aufzüge. Selbst wenn sie in Mehr­familien­häusern mehrere Etagen über­winden müssen, liegen die Kosten selten über 20 000 oder 30 000 Euro. Der Einbau eines Aufzugs hingegen kostet schnell einen sechs­stel­ligen Betrag. Außerdem ist dafür die Zustimmung des Vermieters oder der Vermieterin erforderlich. Am unkompliziertesten ist der Einbau eines Treppenlifts in Einfamilien­häusern mit einer geraden Treppe. Einfache Geräte für Einfamilien­häuser, die nur über eine kurze, gerade ­Strecke laufen, gibt es bereits ab etwa 3 000 Euro.

Sitzlift­systeme können häufig über sechs oder sieben Etagen laufen. Aus welchem Material die Treppe ist, ob Holz, Stein, Beton, spielt in der Regel keine entscheidende Rolle. Selbst in einem alten Gebäude, wo der Denkmal­schutz den Einbau eines Personen­aufzugs ablehnt, lassen Gerichte einen Treppenlift eher zu (Verwaltungsgericht Stuttgart, Az. 2 K 5541/20). Der Einbau eines einfachen Lifts ist mitunter in wenigen Stunden gemacht, oft dauert es nur einen halben Tag.

Entscheidend ist allerdings die Breite der Treppe. In Gebäuden mit höchs­tens zwei Wohnungen reicht es laut DIN 18065, wenn nach Montage der Führungs­schiene mindestens 80 Zenti­meter Treppenbreite zum Vorbeigehen bleiben. In größeren Häusern müssen es mindestens 100 Zenti­meter sein. Dieser Wert darf zumindest nicht wesentlich unter­schritten werden, wobei die Vorschriften je nach Bundes­land unterschiedlich sind.

Hintergrund ist, dass im Brandfall genug Platz auf der Treppe ist, dass in der allgemeinen Panik zwei Personen aneinander vorbeilaufen können. Denn dann kann es vorkommen, dass Menschen, die gut zu Fuß sind, ältere und schwächere Personen über­holen wollen. Bleibt weniger Platz, kann es in Einzel­fällen möglich sein, dass „kleinere Einschränkungen“ akzeptiert werden, meint der Treppenlift-Anbieter AP+. Sicher ist das aber nicht. So musste ein 88-Jähriger den Lift wieder ausbauen lassen, weil in seinem Haus zwischen Montageschiene und Treppengeländer nur 92 Zenti­meter blieben (Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Az. 5 K 2704/12).

Großer Vorteil von Treppenliften ist, dass ein Rechts­anspruch darauf besteht, egal ob Miete oder Wohn­eigentum, anders als bei Personen­aufzügen. Vermietende sind verpflichtet, den Einbau zu dulden, wenn Mieterin oder Mieter ohne Lift nicht mehr die Wohnung verlassen können (Land­gericht Duisburg, Az. 23 S 452/96, siehe auch eine Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht). Denn sie haben Anspruch auf einen barrierefreien Zugang zur Wohnung. Wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, zum Beispiel eine körperliche Einschränkung, darf der Miet­vertrag einen alters­gerechten Umbau nicht blockieren. Allerdings müssen die Betroffenen die Kosten für den Einbau selbst bezahlen und bei Auszug den Lift auch auf eigene Kosten wieder demontieren.

Auch in Eigentums­wohnungen muss die Eigentums­gemeinschaft in der Regel den Einbau akzeptieren, wenn eine erhebliche Gehbehin­derung vorliegt, so der Bundes­gerichts­hof (Az. V ZR 96/16). Auch hier müssen die Betroffenen den Lift auf eigene Kosten wieder ausbauen, wenn er nicht mehr gebraucht wird – es sei denn, er wird bald wieder benötigt. Deshalb durfte ein Mann den Lift behalten, der ihn für seine zwischen­zeitlich verstorbene Ehefrau ange­schafft hatte. Er konnte darlegen, dass er selbst aufgrund alters­bedingter Behin­derungen bald den Lift benötigen würde (Amts­gericht Kassel, Az. 800 C 2005/19).

Vor der Montage ist in einigen Fällen ein Antrag beim zuständigen Bauamt nötig, zeigen Recherchen der Stiftung Warentest. Die Treppenliftfirma sollte dabei beraten und helfen. Die baurecht­lichen Vorschriften sind Ländersache und je nach Bundes­land unterschiedlich, teils ist keine Baugenehmigung erforderlich. Um Brandgefahren auszuschließen, muss der Treppenlift aus nicht brenn­baren Materialien sein.

Die Anbieter führen Treppenlifte in zwei verschiedenen Varianten: als Sitzlifte und als Platt­formlifte für Roll­stühle. Beide sind in der Praxis recht einfach zu bedienen. Die meisten Menschen entscheiden sich für einen Sitzlift, bei dem die Person auf einem Sessel Platz nimmt und sich fahren lässt. Bei den Platt­formliften für Roll­stühle wird eine Platt­form herunter­geklappt, die als eine Art Rampe dient. Diese Lifte brauchen mehr Platz als Sitzlifte.

Lifte haben einen Bedienungs­hebel, mit dem man sie bequem vom Sessel aus steuern kann. Meist befindet sich an der Armlehne ein Schalter, um den Lift zu akti­vieren oder zu deaktivieren. Um Miss­brauch vorzubeugen, empfiehlt sich für Mehr­familien­häuser ein Schlüssel­schalter. Dann lässt sich der Lift nur mit dem passenden Schlüssel einschalten. Zusätzlich zu den Bedien­elementen am Gerät gibt es oft eine Fern­steuerung.

Außerdem hat der Lift einen Sicher­heits­schalter. Damit lässt sich, wie bei einer Notbremse, die Fahrt anhalten. Zusätzlich gibt es Sensoren, die bei Hinder­nissen stoppen, beispiels­weise wenn sich ein Kleidungs­stück in der Führungs­schiene verhakt. Mit einem Sicher­heits­gurt kann man sich anschnallen. Platt­formlifte sollten eine Sicherung gegen das Herunter­rollen des Roll­stuhls haben.

Außerdem sollten die Geräte eine Notfall­absenkung und einen Notfall­alarm haben für den Fall, dass der Lift wegen eines tech­nischen Defekts auf halber Strecke stecken bleibt, rät die Stiftung Warentest. Bis ein Monteur kommt, kann es dauern. Zusätzlich ist eine Notstrom­versorgung wichtig, falls plötzlich der Strom ausfällt. Ein Ladegerät für den Akku sollte mitgeliefert werden. Ist er voll geladen, sollte das ausreichen, um den Lift mehrere Male zu benutzen.

Welcher Anbieter ist empfehlens­wert? Im Internet und in Zeit­schriften wimmelt es von Werbeanzeigen für Treppenlifte. Wer nach einem passenden Treppenlift sucht, landet in einem unüber­sicht­lichen Firmen­dschungel. „Ein Markt­führer etwa tritt mit fünf unterschiedlichen Marken an, die sich als eigen­ständige Firmen präsentieren“, erklärt Thomas Mai, Finanz­experte der Verbraucherzentrale (VZ) Bremen.

„Freie Fahrt ins Leben“, heißt es da, oder „Ein neues Lebens­gefühl“ oder „Wir machen alles möglich.“ Da gibt es selbst ernannte Ratgeber­seiten, die eigentlich bloß verkappte Verkaufs­portale sind oder von Treppenliftfirmen selbst betrieben werden – von wirk­licher Beratung keine Spur. Statt­dessen finden sich auf vielen Seiten dieser „Ratgeber“ immer die gleichen Infos, vor allem Hinweise auf die finanzielle Förderung der Krankenkassen, aber kein kritisches Wort über mögliche Qualitäts­mängel, allenfalls vereinzelte Nutzer­kommentare.

Besondere Vorsicht ist bei Verkaufs­portalen im Internet angesagt, sagt die VZ Bremen. Viele sind vor allem auf Kunden­fang aus. Das lässt sich auch über die Internet­seiten vieler Anbieter sagen. Kaum eine kommt ohne Kundenbe­wertungen und ausführ­liche Zitate angeblich zufriedener Kunden und Kundinnen aus. Aber ob diese Aussagen der Wahr­heit entsprechen, lässt sich kaum über­prüfen. Auch bei Nutzerbe­wertungen auf angeblich herstel­ler­unabhängigen Vergleichs­portalen ist kaum zu unterscheiden, inwieweit sie gefälscht sind oder authentisch.

Hinzu kommen Anzeigen­seiten von Herstel­lern und Anbietern. Doch ob ein Unternehmen die Lifte wirk­lich selber produziert oder lediglich Systeme anderer Hersteller einbaut, ob ein Anbieter bloß Händler ist und die Geräte anderer Hersteller vertreibt, das ist oft kaum zu erkennen. Tatsäch­lich sind nur die wenigsten dieser vielen Unternehmen auch Hersteller der Geräte, die sie verkaufen. Die meisten hingegen greifen auf die tech­nischen Systeme in- und ausländischer Hersteller zurück. So ist zum Beispiel Lifta, nach eigenen Angaben Markt­führer bei Treppenliften, selbst kein Hersteller, sondern vertreibt Geräte der britischen Firma Stan­nah sowie der nieder­ländischen Otolift. Zur Lift­star-Gruppe gehören neben Lifta auch die Treppenlift GmbH, AP+ Treppenlifte, sani-trans sowie Lifton.

Einige dieser Anbieter arbeiten bundes­weit, andere nur regional. Teils bieten auch spezialisierte Betriebe vor Ort den Einbau von Treppenliften an. Wer eine Firma beauftragt, sollte fragen, welcher Hersteller das angebotene Gerät produziert. Zu den wenigen Herstel­lern zählen unter anderem:

Unabhängige Beratung ist kaum zu finden. Doch mitunter können die Verbraucherzentralen helfen oder auch Wohn­beratungs­stellen, die es in vielen Städten gibt. Eine zentrale Anlauf­stelle ist die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung (BAG). Sie hat in vielen Städten Muster­ausstel­lungen oder Muster­wohnungen. Dort können Betroffene sich einen Treppenlift anschauen und Probe fahren. Die Berate­rinnen und Berater können bei der Auswahl von Anbietern Unterstüt­zung geben. „Wir empfehlen, wenn möglich einen regionalen Anbieter zu wählen“, erklärt Yvonne Jahn von der BAG. Der ist in Eilfällen eventuell schneller erreich­bar.

Außerdem gibt es in den Beratungs­stellen auch allgemeine Informationen rund um das Thema alters­gerechtes Bauen und Umbauen von Wohnungen. Vor allem informieren diese Stellen neutral über das Angebot am Markt, Finanz­hilfen und recht­liche Fragen. Da die Angebote an Treppenliften so vielfältig sind, der Markt so undurch­sichtig und Qualitäts­probleme so häufig, sollten Betroffene sich vor dem Kauf dort informieren.

Letzten Endes geht nichts ohne Besichtigung der baulichen Gegebenheiten vor Ort im Haus der Kunden. Stiftung Warentest meint: Schickt eine Treppenliftfirma Fachleute vorbei, sollte das kostenlos sein, ebenso eine ausführ­liche Beratung und ein Kosten­vor­anschlag. Die Beratung sollte sich auch auf bürokratische Formalitäten erstre­cken, wie beispiels­weise eine eventuell notwendige Zustimmung des Vermieters, Gutachten bezüglich der Trag­fähig­keit des Geländers oder andere notwendige Genehmigungen. Einige Anbieter haben Ausstellungs­räume vor Ort, in denen potenzielle Kundinnen und Kunden sich verschiedene Lift­typen ansehen und Probe fahren können.

Seriöse Firmen informieren auch über die Folge­kosten für Wartung oder Reparatur. Sie können durch­aus bei 200 bis 300 Euro im Jahr liegen, berichten die Verbraucherzentralen. Auch Zuschüsse und bei Bedarf Finanzierungs­möglich­keiten sollten ein Thema sein.

So rosig die Werbe­versprechen der Anbieter sind, so sehr ist Vorsicht angesagt, ihnen Glauben zu schenken. In der Praxis gibt es vielfältige Probleme. „In unseren Beratungs­gesprächen haben wir schon oft von grenz­wertigen Vertriebs­maschen, Verweigerung von Widerrufs­rechten, mangelhaftem Einbau oder unzu­reichendem Service nach der Über­gabe der Lifte gehört“, sagt Matthias Bauer, Abteilungs­leiter des Fach­bereichs Bauen, Wohnen, Energie bei der Verbraucherzentrale (VZ) Baden-Württem­berg: „Bei uns melden häufig Betroffene Probleme nach dem Einbau. Da hat man manchmal den Eindruck, die Schienen würden nicht wirk­lich auf Maß ange­fertigt, sondern schnell rein­gehauen und auf Biegen und Brechen passend gemacht.“ Er hat erlebt, dass ein Lift vor der Wohnungs­tür so endete, dass die Tür nicht mehr richtig geöffnet werden konnte.

Die Verbraucherzentralen haben in einer bundesweiten Befragung im Jahr 2020 erschre­ckende Ergeb­nisse zutage gefördert. Thomas Mai von der VZ-Bremen berichtet: „Die Teilnehmenden schildern uns, dass Lifte nicht wie besprochen einge­baut wurden, Liefer­termine nicht einge­halten wurden, die Nachbesserung bei Mängeln schleppend lief oder über­haupt nicht möglich war.“ Bei Liften, deren Technik im Ausland produziert wurde, berichten Betroffene von langen Liefer­zeiten, wenn Ersatz­teile im Ausland bestellt werden mussten.

In der Umfrage der Verbraucherzentralen erklärten 93 von 104 Teilnehmenden, dass nach dem Einbau des Lifts Mängel vorlagen. Konkret waren das laute Lauf­geräusche wie Quietschen, unrunder und ruckeliger Lauf, Defekte an Bedien­elementen der Sitz­einheit, aber auch fehler­hafter Einbau oder sogar gebors­tene Treppen­steine. „Treppenlifte sind anscheinend auf eine kurze Rest­lebens­dauer des Käufers ausgelegt“, schreibt ein Nutzer in einem Internetforum.

Wer solche oder andere Probleme beim Anbieter reklamierte, machte in der Regel schlechte Erfahrungen. Erschre­ckend: 80 Prozent der Betroffenen klagten in der Umfrage über Probleme im Fall von Gewährleistung oder Garantie.

Jede Technik verschleißt mit der Zeit. Auch Treppenlifte brauchen regel­mäßige Wartung. Akkus werden schwächer, Lauf­rollen nutzen sich ab, Laufschienen müssen nachgefettet werden. Ein guter Wartungs­service ist wichtig. Doch viele Nutze­rinnen und Nutzer machen damit schlechte Erfahrungen. Es ist wichtig, dieses Thema schon bei Vertrags­abschluss anzu­sprechen: Über­nimmt der Anbieter die Wartung selbst oder verweist er auf Fremdfirmen? Häufig beauftragen sie Handwerks­firmen mit der Wartung der Anlage. Solche Montage­unternehmen haben nicht immer die gleichen Qualitäts­stan­dards wie die Treppenliftfirma.

Typischer Beschwerde­punkt ist das lange Warten auf den Service, wenn der Lift nicht funk­tioniert. Trotz des Werbe­versprechens, an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr bereit zu stehen, sind Service­dienste nicht oder nur schlecht erreich­bar, berichten Betroffene. In einem Internetforum ärgert sich ein Nutzer: „Der Treppenlift ist sehr stör­anfäl­lig. Auf Monteure muss man lange warten. Eigentlich sollten Reparaturen längs­tens in 48 Stunden erfolgen. Aktuell sollen wir fünf Tage warten. Wie soll das gehen mit einem schwer pflegebedürftigen Menschen?“ Ein anderer schreibt: „Es kann mehrere Tage dauern, bis der Service­mit­arbeiter kommt.“ Ein weiterer Nutzer berichtet sogar: „Die Warte­zeiten dauern mehrere Wochen bis Monate.“

Andere bezeichnen die Wartungs­verträge als Abzocke. „Wir haben den Treppenlift jetzt drei Jahre. In dieser Zeit hatten wir zwei Total­ausfälle. Trotz teuren Wartungs­vertrags kommt der Service nicht. Mein Mann musste eine Woche notdürftig im Erdgeschoss verbringen“, berichtet eine Nutzerin. Das zeigt, wie wichtig es ist, vor Vertrags­abschluss zu fragen, ob der Service­dienst rund um die Uhr telefo­nisch erreich­bar ist, auch an Sonn- und Feier­tagen.

Unseriöse Firmen erwähnen dieses Thema oft gar nicht erst. Oder sie bieten eine Notfall­nummer, unter der sich eine unbe­kannte Dritt­firma meldet, die hohe Kosten berechnet oder den Fehler womöglich gar nicht beseitigen kann, weil sie kaum Erfahrungen mit Liften hat. Im Internet berichtet ein Betroffener: „Der Kunden­dienst sagte, sie würden selbst keine Lifte herstellen und seien nur Vertriebs­firma, von der Technik habe man keine Ahnung.“

Ein großes Problem beim Kauf eines Treppenlifts sind windige Verkäufer. Sie setzen Leute unter Zeit­druck. Manche Firma baut unzu­lässige Klauseln in den Vertrag. „Allzu oft passiert es, dass Menschen von skrupellosem Verkaufs­personal mit einem Vertrags­abschluss förmlich über­rumpelt werden“, berichtet Jurist Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale (VZ) Baden-Württem­berg.

Kund­schaft sind in der Regel ältere Leute, die einem gewieften Verkäufer oft wehr­los ausgeliefert sind. In der Regel kommt das Verkaufs­personal zu ihnen nach Hause. Zu Gästen will man nicht unhöflich sein, daher lassen sich Betroffene eher unter Druck setzen, wenn man ihnen einen fertigen Vertrag vorlegt und zur Unter­schrift drängt. „Bei uns beschwerte sich ein Ehepaar, das eigentlich nur ein unver­bindliches Angebot wollte. Der Vertreter hat ihnen aber einen Kauf­vertrag unterge­schoben“, berichtet Matthias Bauer. Mit Unterstüt­zung der VZ zogen die beiden vor Gericht und bekamen Recht.

Bei Vertrags­abschluss zu Hause gilt ein Widerrufsrecht, betont die Stiftung Warentest. Verkauf und Montage eines Treppenlifts sind Werk­verträge und können 14 Tage lang widerrufen werden. Das gilt auch, wenn die Firma darauf verweist, der Lift sei eine individuelle Sonder­anfertigung. Zwar greift das Widerrufs­recht nicht beim Kauf von Waren, die individuell für die persönlichen Wünsche eines Kunden ange­fertigt wurden, wie beispiels­weise die Schienen eines Treppenlifts. Aber diese Ausnahme gilt bei Treppenliften nicht, da es sich hier nicht um einen Kauf­vertrag handelt, sondern um einen Werk­vertrag. Der Schwer­punkt des Vertrags liegt nicht im Kauf der individuell angepassten Schienen, sondern in der „Herstellung eines funk­tions­tauglichen Werks“, nämlich des Lifts, urteilte der Bundes­gerichts­hof (Az. I ZR 96/20).

Dieses Recht sollte ausdrück­lich im Vertrag stehen. Falls nicht, gilt das Widerrufs­recht trotzdem. Es verlängert sich in diesem Fall sogar auf 12 Monate und 14 Tage nach Vertrags­schluss.

„So haben Verbrauche­rinnen und Verbraucher, die mit der Leistung eines Treppenliftmonteurs unzufrieden sind, gute Chancen, aus dem Vertrag zu kommen“, meint Matthias Bauer von der VZ, die das Urteil erstritt. Er hatte mehrere große Anbieter abge­mahnt, die meisten gaben auf dem Weg durch die Instanzen auf. Doch eine Firma der Lift­star-Gruppe zog bis vor den BGH.

Interes­sierte sollten sich auf keinen Fall vom Verkaufs­personal unter Zeit­druck setzen lassen – auch wenn es heißt, dass ein Sonder­angebot mit großer Geld­ersparnis nur noch kurz­fristig zur Verfügung stehe oder dass gerade eine Aktions­woche laufe: Das sind typische Methoden geschulter Vertriebs­leute. Wenn solche Sonder­angebote möglich sind, kann es für eine seriöse Firma kein großes Problem sein, die Frist zu verlängern, sodass Interes­sierte Zeit haben, sich in Ruhe zu entscheiden.

Einige Firmen bauen auch unzu­lässige Klauseln in den Vertrag. Zum Beispiel, dass man den montierten Lift unver­züglich kontrollieren und offen­kundige Mängel spätestens inner­halb von zwei Wochen schriftlich melden soll. Ansonsten seien Ansprüche auf Mängel­beseitigung ausgeschlossen. Zwar ist nichts dagegen einzuwenden, dass offen­kundige Mängel zügig anzu­zeigen sind. Aber „schriftlich“ bedeutet, dass eine eigenhändige Unter­schrift erforderlich ist, in der Regel also ein Brief auf Papier. Das Gesetz hingegen sieht lediglich Text­form vor, und die ist auch bei einer Email oder einer Whatsapp-Nach­richt ohne eigenhändige Unter­schrift gewahrt.

Nicht erlaubt ist zudem die Klausel „Mehr­fache Nachbesserungen sind möglich.“ Sie lässt offen, bis zu welchem Zeit­punkt solche Nachbesserungen erlaubt sein sollen. Mehr­fach Mängel zu beseitigen, die in der Gewähr­leistungs­frist auftreten, ist bei einem Werk­vertrag zwar erlaubt – aber nicht mehr, wenn man der Firma bereits erfolg­los eine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat (Land­gericht Nürn­berg-Fürth, Az. 7 O 5463/18).

Der volle Rechnungs­betrag sollte erst fällig werden, wenn der Einbau abge­schlossen ist, rät die Stiftung Warentest. Es sollten alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, ebenso eine in manchen Bundes­ländern erforderliche Baugenehmigung oder Prüf­bescheinigungen. Außerdem ist es von Vorteil, den Lift zumindest ein paar Tage lang testen zu können. So lässt sich besser beur­teilen, ob das Gerät störungs­frei läuft. Daher sollte man schon bei Vertrags­abschluss darauf drängen, dass die Rechnungs­summe erst 14 Tage nach dem voll­ständigen Einbau zu zahlen ist, wenn der Lift störungs­frei funk­tioniert.

Alternative: Man zahlt zwar umge­hend, darf aber etwa 5 bis 10 Prozent des Kauf­preises zurück­halten und erst 14 Tage nach Einbau über­weisen. So gibt es wenigs­tens für diese kurze Zeit eine Möglich­keit, bei Reklamationen Druck zu machen. Unseriöse Firmen werden diesen Wunsch rund­heraus ablehnen.

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Solche Berichte sind wesentlich sinnvoller als Medikamenten-Test und - Empfelungen. Da verlasse ich mich lieber auf vertrauensvolle Ärzte und Apotheken. Leider kommt der Bericht viel zu spät!!!

Danke für den sinnvollen Artikel. Ich musste vor anderthalb Jahren einen Treppenlift für meine Mutter beschaffen. Viele der im Artikel angesprochenen Probleme kann ich bestätigen. Insbesondere die schier unglaubliche Masse an vorgeblich "neutralen" Web-Portalen hat mich sehr aufgeregt. Die Seiten funktionieren fast gleich: Erst soll man sich durch ein paar Fragen klicken, dann aber Namen, Adresse, Telefonnummer etc. angeben, damit man von vorher nicht genannten Firmen kontaktiert werden kann. Und oft ist der deutsche Marktführer unter mehreren Markennamen zu finden. Ich hatte dann über ein Vergleichsportal vier (voneinander unabhängige) Firmen kontaktiert und kommen lassen, und dafür auf Basis einer Checkliste der Verbraucherzentrale eine eigene Checkliste vorbereitet (bei Interesse: https://www.hhjb.de/treppenlifte/). Vieles davon ist auch in diesem Artikel genannt. Die Berater waren überrascht, denn es kommt selten vor, dass die Kunden gut vorbereitet sind.

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